Samstag, 30. Juli 2011

Die Standortfrage

Wie wollen wir wohnen? Und wo überhaupt?

Welche Kriterien sind ausschlaggebend für die Entscheidung der (Wohn-) Standortfrage? Zwischenzeitlich bin ich hin- und hergerissen zwischen meiner Heimatstadt Dortmund und Hamburg. Spricht man mit dem Hamburger, stellt sich hier überhaupt keine Frage. Fragt man den Dortmunder ist die Antwort zwiegespalten. Ich bin Dortmunderin und somit zwiegespalten. Einerseits wohne ich seit einem Jahr in der schönsten Stadt der Welt, wenngleich in einem Bezirk, der von den meisten Hamburgern eher als „unter Ferner liefen“ wenn überhaupt „wirklich“ als Hamburg bezeichnet wird. Wenn immer ich mich nördlich der Elbe bewege, bin ich hingerissen und begeistert von der Schönheit dieser Stadt. Ihrer Vielfalt, Lebendigkeit und ihrer- ja, wie lautet das korrekte Wort? Was beschreibt die Mischung aus Würde, Stolz und Selbstbewusstsein am treffendsten? Vielleicht einfach „hanseatische Lebensart“?! Wenn ich andererseits meine Heimat besuche, überwältigt mich erstmal nichts. Dortmund ist auf seine eigene Art und Weise schön und ich fühle mich hier wohl. Wie auf jede Stadt des Ruhrgebiets kann man auch hier die Zeile aus Herbert Grönemeyers „Bochum“ zitieren: „ Du bist keine Schönheit, vor Arbeit ganz grau, liebst Dich ohne Schminke, bist 'ne ehrliche Haut, leider total verbaut, aber gerade das macht Dich aus!“

Diese beiden Städte zu vergleichen ist ein bißchen so, wie mich selber mit, sagen wir mal: Heidi Klum, vergleichen. Wir sind beide Frauen, beide Mütter, beide verheiratet. Und um das klar zu stellen: in dem Vergleich bin ich definitiv Dortmund, wenngleich nicht grau und auch nicht total verbaut, aber das ist ja auch nicht wörtlich gemeint. Von außen betrachtet, ist Hamburg also definitiv schöner. Aber wie bei Menschen auch sieht man nicht auf den ersten Blick, was sich hinter der Oberfläche verbirgt. Die Analogie passt im Grunde sehr gut: ich kenne Dortmund, ich kenne mich- ich weiss, wer wir sind, was ich erwarten kann. Ich kenne hier viele Menschen und auch den Umgangston und weiss, dass man vom Äußeren nicht auf's Innere schließen kann. Frau Klum und Hamburg kenne ich mitnichten wie meine Westentasche. Sie sind schön, das wissen wir mittlerweile und definitiv auch teurer. Nicht, dass Dortmund und ich billig wären, aber das Preisniveau in Hamburg, insbesondere was das Wohnen angeht, ist ungleich höher. Außerdem ist der Wohnungsmarkt wesentlich härter umkämpft. Bevor ich hierher gezogen bin, war mir das Wort „Massenbesichtigung“ im Zusammenhang mit Wohnungssuche unbekannt und dass man für große Wohnungen in guter Lage ein vollständiges (Durchschnitts-) Einkommen kalkulieren muss, wäre mir im Traum nicht eingefallen.

Die Korrelation von Mietpreisniveau und sozialer Brennpunkt-Lage verhalten sich in Hamburg wesentlich stärker als in Dortmund antiproportional. Bevor wir in die schönste Stadt der Welt gezogen sind, bewohnten wir eine 120qm-Wohnung in guter Lage (nicht in Dortmund, sondern in diesem Fall in Osnabrück) und bezahlten warm 680 € - in Hamburg sind es für gut 80qm in nicht ganz so toller Lage 150 € mehr. Besuchte unsere ältere Tochter in Osnabrück eine Uni-Kita, in der der Akademikerkindanteil bei etwa 80% lag und der Umgangston insofern sehr gepflegt war, überforderte sie die Harburger Vorschule derart, dass wir sie abmelden mussten. Jedenfalls wissen wir jetzt, warum es in dieser Gegend wesentlich einfacher ist, familiengerecht große Wohnungen zu finden als beispielsweise in Eimsbüttel oder gar in Eppendorf.

Um es mit den Worten meines ehemaligen Dortmunder Mitschülers zu sagen, der sich auf dem 10jährigen Abinachtreffen erkundigte, WO in Hamburg ich denn wohne und auf die Antwort „Harburg“ trocken erwiderte: „Wieso denn da? Lebst Du von Hartz IV oder was?“ Nein, wir leben nicht von Hartz IV, aber wir hatten es eilig mit der Wohnungssuche und kannten uns in Hamburg nicht aus. Außerdem haben wir zwei Kinder und momentan nur ein Einkommen. Diese Argumente leuchteten ihm ein. Und ich bleibe hin- und hergerissen: Hamburg oder Dortmund? Wie gewichtet man die Kriterien (Schönheit, Vielfalt, Preis...) und welches Kriterium gibt letztendlich den Ausschlag für eine Entscheidung?

1 Kommentar:

  1. Ich denke, das lässt sich recht leicht beantworten. Aus meiner Sicht zumindest. Ich bin auf dem Land aufgewachsen und lebe jetzt in der Stadt. Aber natürlich in einem ruhigen Teil mit viel Grün drumherum. Ein Leben direkt über einer Fußgängerzone wäre für mich der pure Horror! Andere wollen nur in solchen Lagen wohnen!

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